Das Erdelement
In der Wandlungsphase Erde kommt das wärmende und erhitzende Yang von Frühling und Sommer zur Ruhe, um das kühlende Yin von Herbst und Winter vorzubereiten. Die Energie ist harmonisierend und ausgewogen; Yin und Yang sind im Gleichgewicht. Spätsommer und Lebensmitte thematisieren den Übergang: Sommer und Jugend sind vorbei, aber es ist noch nicht Herbst und wir sind noch nicht alt. Jetzt ist es Zeit, das zu ernten, was das Holz hervorgebracht hat und Feuer erblühen ließ. Die Früchte all dieser Mühen werden eingefahren.
Beim Ernten wird auch sortiert – hier berühren wir das zentrale Thema der Milz, die in der TCM den Funktionskreis Verdauung verkörpert. Die Milz ist dafür zuständig, Nahrung, Sinneseindrücke und Erfahrungen des Menschen zu sortieren und zu verarbeiten. Dazu braucht sie Zeit. Brauchbares und Wertvolles wird aus dem Erfahrungs- und Nahrungsbrei herausgefiltert und umgewandelt, das Wertlose dem Ausscheidungssystem übergeben. Mit einer Vielfalt von Sinneseindrücken und üppigem Nahrungsangebot kann man die Milz schnell überfordern. Eine gesunde Milz lässt auf der emotionalen Ebene in uns Fülle, Großzügigkeit und Mitgefühl entstehen.
Klimatisch kommt im Erdelement die Feuchtigkeit ins Spiel. Sie kann die Milz bei ihrer Arbeit empfindlich stören. Das passiert, wenn z. B. ein Mensch Nässe und Kälte ausgesetzt ist, aber auch, wenn er zu viel Käse, Joghurt, Quark, Zucker isst und schlechte Fette zu sich nimmt. Das kann Probleme mit Verdauung, Bindegewebe und Gewicht nach sich ziehen. Auf psychischer Ebene kann es uns geschehen, dass wir im Leben nicht wirklich reifen und in unserer Lebensmitte in eine ersthafte Krise geraten. Auch Depressionen gehören in den Bereich dieser sogenannten Milz-Qi-Schwäche.
Genießen mit Willi
Ein Mensch vom Typ „Willi“ ist jemand mit einem ausgewogenen Erdelement. Willi sorgt für sich selbst. Sein Kühlschrank ist gut gefüllt, er nimmt sich Zeit für kleine Kaffee- und Kuchenpausen, freut sich schon nach dem Frühstück auf sein Mittagessen und legt nach getaner Arbeit erst einmal die Beine hoch.
Seine Arbeit erledigt Willi gewissenhaft, wird aber ungehalten und unkonzentriert, wenn man ihn antreibt. Seine Selbstfürsorge sowie sein liebevoller Umgang mit anderen Menschen werden in unserer feuerbetonten Gesellschaft selten gewürdigt.
In seinem Essverhalten ist Willi ein Genießer. Er hat eine Schwäche für Süßes und isst auch gerne oft und viel. Er kann sich schwerlich über ein einziges Stück auserlesener Schokolade freuen – ein solcher Anblick ist für Menschen vom Typ Willi kein Ausdruck von Noblesse, sondern von Mangel.
Der süße Geschmack gehört zum Erdelement. Durch seine ausgleichende und beruhigende Wirkung unterstützt er die vermittelnden Eigenschaften einer ausgewogenen Erde. Leider ist jedoch in Vergessenheit geraten, wie wir den süßen Geschmack ohne Nebenwirkungen zu uns nehmen können. Gekocht und gebacken sind Obst und Gemüse zum Beispiel viel süßer als Rohkost. Eine Gesellschaft jedoch, in der alles schnell und effizient sein muss, spart sich die Koch- und Backzeit und verwendet stattdessen Zucker. Da wir alle sehr angespannt sind und der süße Geschmack dieser Anspannung entgegenwirkt, ist der Zuckerkonsum in unserer Gesellschaft sehr hoch.
Von der Natur sind Willis mit einer starken Konstitution ausgestattet. Ihr Verdauungssystem ist von der Anlage her robust. Aber auch eine robuste Milz bekommt irgendwann einmal des Guten zu viel. Im Zustand der Überlastung schafft sie es nicht mehr, Nahrung und Genussmittel angemessen umzuwandeln und produziert Tan, eine Art Schleim, der die Leitbahnen verstopft. Ist Willis Milz überlastet, nimmt er schnell zu. Von Natur aus schon rund, wird er jetzt noch runder.