Dir gefällt unser Blog, und Du hast Dich spontan für die 5-Elemente-Ernährung entschieden?
Hast schon viele Diäten ausprobiert, kennst alle Zustände von Euphorie und Enttäuschung, aber dieses Mal hast Du endlich das Ultimative gefunden?
Da freuen wir uns natürlich sehr, aber bevor Du lossprintest, beantworte uns doch bitte noch die folgenden drei Fragen:
- Wie oft schon hast du das schon so empfunden?
- Wäre es nicht eine gute Idee, nicht noch mehr von demselben zu machen?
- Wie hoch ist der Druck, den dein neues Ziel in dir auslöst?
Vielleicht ist eine kleine Wolken-Pause angesagt: Setz dich doch mal auf die kleine Wolke, die gerade am Himmel vorbeizieht und lass dir den Wind durch dein Gehirn wehen.
Angenehm, oder? Mal von oben auf alles schauen und die Gedanken treiben lassen.
Vielleicht kommt Dir ganz spontan: Nicht schon wieder ein neues Ziel, nicht schon wieder so ein krasser Druck, nicht immer super sein müssen?
Und gleichzeitig: Ich will was verändern, dauernd dieses unbefriedigende Gefühl nach Zuckerorgien und Junk-Food, und die schicke neue Hose kneift auch schon wieder?
In ihrem Buch „Das Ziel ist im Weg“ bringt die Philosophin Ina Schmidt das Beispiel vom frisch operierten Herzinfarkt`ler, der sich mit gewohntem Ehrgeiz an die Spitze der Therapiegruppe setzt. Das bringt Ina Schmidt zum Nachdenken:
„Vielleicht geht es also weniger darum, sich ein Ziel nach dem anderen zu setzen, sondern vielmehr danach zu fragen, welches Verhältnis man zu den Dingen und Menschen pflegt, die da sind.“
Mit anderen Worten: Macht es dich auf Dauer zufrieden, eine Diät durch eine andere auszutauschen, oder möchtest Du ein Verhältnis zu dieser neuen Ernährung bekommen und zu dem Menschen, der sie praktizieren will, also zu dir selbst?
„Ziele geben uns Orientierung und Sicherheit“
Ina Schmidt unterscheidet zwischen klar messbaren Zielen und solchen, die sich dieser Messbarkeit entziehen. Dein Wunsch, drei Kilo Gewicht zu verlieren, gehört zu den messbaren Zielen. Aber nach der zehnten gescheiterten Diät hat sich vielleicht in dir der Wunsch entwickelt, dich so zu ernähren, dass du dich nicht immer kasteien musst und nicht sofort wieder zunimmst, wenn die Diät zu Ende ist. Eine Ernährung, die dich begleitet durch Dick und Dünn, mit der du dich wohlfühlst und die dich mag, so wie du bist?
Ziele sind wichtig, sie geben uns Orientierung und Sicherheit. In der chinesischen Philosophie gehören sie zum Holzelement. So gehört es zur Aufgabe der Gallenblase, Entscheidungen zu treffen, die dann von der Leber in die Tat umgesetzt werden. Aber auch die nicht messbaren Ziele, unsere Vorstellungen von einem erfüllten Leben, unsere Träume und Visionen, gehören zum Holzelement. Die alten Chinesen nennen sie HUN. Diesem HUN können wir uns nur in einem Prozess nähern. Um ihn zu finden, müssen wir uns auf die Suche machen.
Der Hun in uns steht auch in Beziehung zum kosmischen Ganzen, dem TAO. Wenn dich auf deiner Wolke der Geistesblitz trifft, dann war das der HUN. Indem du dich in den „Wolkenmodus“ von Stille und Geschehen lassen begibst, kannst Du dem TAO begegnen, ihm deine Fragen stellen und seinen Antworten lauschen.
Nach Ina Schmidt müssen wir lernen, uns unseren Zielen in einer suchenden und tastenden Weise zu nähern. Dieser behutsame Weg ist keine unumstößliche Zielgerade wie die Vorgaben einer strengen Diät. Der Weg lässt mir immer auch die Freiheit, etwas zu verändern, wenn ich unterwegs merke, dass ein Ziel nicht mehr passt. Auf diesem Weg gebe ich mir keine Befehle wie ein Feldherr, sondern lasse mich von meinem inneren Kompass leiten.
Fassen wir unsere Ziele zu eng und rigide, verkrampfen wir uns. Das führt dazu, dass sich unsere Leber verknotet. Kennst du dieses Gefühl von Enge im Brustkorb, dem berühmten Kloß im Hals und Knoten im Bauch? Das sind Zeichen dafür, dass sich deine Leberenergie nicht frei entfalten kann. Und dann kann der Hun nicht im Leberblut wohnen und der innere Kompass kann dich nicht mehr leiten.
Dann willst du alles nur noch richtig und perfekt machen. Nichts spricht dagegen, etwas gut oder auch sehr gut tun zu wollen. Aber ohne unseren Hun macht das alles keinen Spaß. Wir verlieren unsere Kreativität und empfinden unsere Herausforderungen als Stress.
Was ist passiert? Das einseitige Streben nach ständiger Verbesserung hat uns aus der Balance gebracht. Wir spüren uns nicht mehr selbst, weil wir uns nicht nach unserem inneren Kompass richten, sondern nach dem, was andere von uns erwarten. Dabei sollen wir immer besser, schöner, gesünder, ausgeglichener und selbstbewusster werden.
Witzigerweise passiert das alles durch eine ausgewogene 5-Elemente-Ernährung. Aber „nicht zu schnell und nicht zu geradenwegs“, wie es im Herrn der Ringe heißt. Die 5 Elemente sind keine Punktlandung, keine Wegstrecke von A nach B. Wenn wir uns nach den 5 Elementen ernähren, begeben wir uns in eine spiralförmige Suchbewegung.
„Auch kleine Schritte bringen uns voran.“
Für deine Ernährung bedeutet das, dass du nicht wartest, bis du alles genau verstanden hast, sondern einfach loslegst. Deine Entscheidung, deine Ernährung auf die 5 Elemente umzustellen, kannst du nur in kleinen Schritten umsetzen. Aber auch kleine Schritte bringen uns voran, wenn wir sie entschieden gehen.
Denn auch wenn wir im Kleinen alle unterschiedlich ticken: Im Großen tun zu viel Milchprodukte, Zucker und Fleisch niemandem wirklich gut. Und die meisten Menschen brauchen auch eine gekochte Mahlzeit am Tag. Natürlich muss man die nicht selbst kochen; ein Essen in einem guten Restaurant ist auf jeden Fall besser als ein im Sauseschritt verschlungenes Sandwich!
Und da haben wir die Zauberformel: „Besser als –„: Besser gekocht als roh, besser Ostkuchen als Eistorte, besser Cappuccino mit Hafer- oder Sojamilch, aber wenn man das nicht mag, ist ein normaler Cappuccino besser als ein Kaffee Latte. Aus diesem einfachen Baukasten kannst du dir ein Konzept für die ersten Schritte basteln, ohne dass du dich zu sehr einschränken musst.
Wenn es nicht um das sture Befolgen von Regeln geht, worum geht es dann? Darum, dass du dich wohlfühlst. Natürlich müssen sich deine Geschmacksnerven umstellen; die gerösteten Sonnenblumenkerne beim Feierabend-Chillen schmecken wahrscheinlich erst einmal nicht so aufregend wie die gewohnten Chips. Und das frittierte Hähnchen beim Chinesen verlockt dich vielleicht mehr als seine gebratene Version mit Reis und Gemüse. Aber vielleicht fühlst du dich danach nicht so unzufrieden und schwer? Kannst auch besser schlafen, kommst morgens leichter aus den Federn und hast bessere Laune?
Die Frage ist also nicht nur „was schmeckt mir?“, sondern auch „was tut mir gut?“ Im Idealfall sind die beiden gute Freunde. Je mehr du jedoch das isst, was dir nicht guttut, desto weiter klaffen sie auseinander. Wenn das, was dir schmeckt, Bauchgrummeln oder schlechte Laune nach sich zieht, stimmt etwas nicht. Eine stimmige Ernährung schenkt körperliches und seelisches Wohlbehagen.
„Vom Hamsterrad zur Besonnenheit – das ist der Weg.“
Satt und zufrieden muss natürlich auch schmecken! Koch doch einfach mal am Wochenende eines unserer Rezepte nach und guck, wie es dir schmeckt und wie du dich danach fühlst. Auf diese Weise kannst du dich in die 5 Elemente Ernährung vortasten. Bei Essstörungen, körperlichen und seelischen Erkrankungen ist es besser, dem eigenen Experimentieren eine Beratung voranzustellen. Und natürlich sind Wissbegierige, Ungeduldige und Eilige dazu auch herzlich eingeladen!
Vom Hamsterrad zur Besonnenheit; das ist der Weg, den die Philosophin Ina Schmidt empfiehlt. Die alten Chinesen nannten diesen Weg das Tao. Dabei geht es eben nicht nur um Tun und Machen, sondern darum, sich in seinen Rhythmus einzuschwingen und im Einklang mit sich selbst zu leben. Entschiedenheit ohne Anstrengung, Beharrlichkeit ohne Leistungsdruck, das ist schwierig für Kinder einer Leistungsgesellschaft, für die Aktivität und Gewinnen alles ist, worauf es ankommt.
Schon der alte Lao Tse musste für diese Werte kämpfen. Aber er war davon überzeugt:
„Das Weiche bezwingt das Harte,
das Schwache bezwingt das Starke.“ [1]
Natürlich wusste der weise Lao Tse, dass man ohne Disziplin und eine gewisse Askese nicht zum Ziel kommt. Aber er war der festen Überzeugung, dass Tugend und Disziplin nicht allein unserer eigenen Anstrengung entspringen. Das Te, die Tugend, entspringt dem Tao, das für uns sorgt wie eine große Mutter. Über unsere Ernährung können wir uns dem Tao öffnen oder verschließen. Essen wir zu viel von dem, was uns nicht guttut, verlieren wir das Gespür für unsere Einbindung in das große Ganze. Die Philosophen sagen, wir entfremden uns von uns selbst.
Auf der Ebene unserer Ernährung bewirkt schlechte Nahrung die Entstehung von Schlacken, in der traditionellen chinesischen Medizin auch „Tan“ genannt. Das daraus entspringende Gefühl ist eben diese Entfremdung. Sicherlich ist dir das Gefühl von Überdruss, Sinnlosigkeit und Isolation nicht ganz fremd?
Die gute Nachricht: Dieser Prozess ist umkehrbar. Unser Körper ist sehr lernbegierig: Je öfter wir vom Guten essen, desto mehr macht er sich bereit, alte Schlacken loszulassen und feiner und sensibler zu schwingen. Nach einer Weile kann er alte Essgewohnheiten fallen lassen und das Ruder übernehmen. Das was schmeckt stimmt dann überein mit dem, was dir guttut. Und du fühlst dich bei dir wieder zu Hause.
Sooni Kind, Juni 2016
Quellen: Ina Schmidt: Das Ziel ist der Weg. Eine philosophische Suche nach dem Glück. Köln, 2017, Seite 32
J.R.R.Tolkien, Herr der Ringe
Lao-Tse: Tao-Te-King. Das heilige Buch vom Tao und der wahren Tugend. Übersetzung von Wolfgang Kopp. Interlaken 1988